Aufstehen

Stefanie Pöpken: Aufstehen um die Welt zu retten

„Papa, ich werde, wenn ich groß bin, den Amazonas-Regenwald retten!“ habe ich im Alter von neun Jahren zu meinem Vater gesagt. Ich war fest davon überzeugt, dass es mir gelingen würde. Als ich dann tatsächlich 18 Jahre später im Rahmen eines Forschungsprojekts in Brasilien in diesem wunderschönen grünen, zirpenden und zwitschernden Dschungel stand, wurde mein Entschluss von damals noch einmal bekräftigt. Denn der Regenwald wird bedroht und steht bald auf der Roten Liste der aussterbenden Biotope, wenn wir hier nichts ändern.

700 Millionen landwirtschaftlich gehaltene Tiere werden jedes Jahr alleine in Deutschland geschlachtet, damit wir jeden Tag unser Lieblingsfleisch essen können. Der Rest wird in die ganze Welt exportiert. Unsere Tiere brauchen dementsprechend viel eiweißhaltiges Futter, Soja, das nicht hier auf dem Acker, sondern in Brasilien auf ehemaligen Urwaldflächen angebaut wird. Die Globalisierung lässt die Welt zusammenschrumpfen und der Acker in Brasilien rückt fast neben den Schweinemastbetrieb in Niedersachsen. Der Hunger nach Fleisch und die Intensivierung in der Tierhaltung beeinflusst wiederum die Zerstörung der Regenwälder in Lateinamerika. Ein Teufelskreis!

Seit drei Jahren setzte ich mich schon als Fachreferentin für landwirtschaftliche Tierhaltung beim Kieler Fachverband für „Nutz“tierschutz PROVIEH e.V. ein. Und ich merke, dass es vielen Menschen leicht fällt Mitleid für ein Orang-Utan Baby zu empfinden, dass gerade seine Mutter in einer indonesischen Palmölplantage verloren hat. Aber Respekt vor den Tieren, die uns tagtäglich ernähren, zu haben, können nicht alle aufbringen. Groß und kurz ist der Aufschrei, wenn die Medien Bilder von geschundenen Tieren in unwürdigen Haltungsbedingungen zeigen, aber Veränderung braucht (leider) Zeit.

Seit 45 Jahren gibt PROVIEH gerade den anonymen „Nutztieren“ eine Stimme. Macht sich für sie stark, wenn die Politik wieder einmal zu schwache Gesetze auf den Weg bringen will. Spricht mit den Landwirten um zu verstehen, was sie bewegt und wie sie ihre Tiere in Zukunft halten möchten. Kritisiert den Lebensmitteleinzelhandel, wenn dieser mit Dumpingpreisen die Existenzen der Landwirte bedroht. Und geht in die Schulen um mit den Kindern und Verbrauchern von morgen über den Schutz der Tiere, der Umwelt und einen bewussten Fleisch-, Milch- und Eierkonsum zu reden.

Unsere Arbeit trägt Früchte. Es sind zwar nur kleine Schritte, aber es lohnt sich trotzdem jeden Tag von neuem „aufzustehen“ und die Welt retten zu wollen. Ich glaube auch immer noch, dass ich den Regenwald retten kann, wenn viele Menschen gemeinsam mit mir „aufstehen“.


Über die Autorin: Stefanie Pöpken, Diplom-Agraringenieurin, ist seit 2015 bei PROVIEH e.V. als Fachreferentin für landwirtschaftliche Tierhaltung zuständig. Ihre Themenschwerpunkte sind Rinder, Geflügel und Bienen. PROVIEH ist Deutschlands ältester Fachverband für Nutztierschutz und wurde 1973 in Heikendorf gegründet. Ziel des Vereins ist eine artgerechte und wertschätzende Nutztierhaltung.

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